top of page

Die fünf beliebtesten gemeinnützigen Zwecke im Stiftungswesen

Von Elmar Krüsmann

 
Nico Reis

In dieser Rubrik behandeln unsere Partner von der Kanzlei Winheller aktuelle Rechtsthemen aus dem Bereich Fundraising, Spenden und Stiftung. Elmar Krüsmann ist Rechtsanwalt und auf die Beratung von Nonprofit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert.

 

Deutschland ist eines der stiftungsreichsten Länder Europas. Auf dem Stand vom 31.12.2022 gibt es 25.254 rechtsfähige Stiftungen – die meisten davon verfolgen gemeinnützige Zwecke. Hinter dem Begriff „gemeinnützige Zwecke“ verbergen sich jedoch eine Vielzahl gemeinnütziger, aber auch mildtätige sowie kirchliche Zwecke – der Gesetzgeber spricht in der Abgabenordnung (AO) insoweit schlicht von „steuerbegünstigten Zwecken“. Nachstehend wollen wir die gängigsten Zwecke näher beleuchten und auf wesentliche Besonderheiten hinweisen.


Überblick

Aus dem Gesetz, genauer gesagt aus den §§ 52 bis 54 AO, lassen sich (deutlich) über 30 verschiedene steuerbegünstigte Zwecke ableiten. Mitunter sind unterschiedliche Zwecke vom Gesetzgeber (willkürlich) in einzelnen Nummern zu sog. Katalogzwecken zusammengefasst worden. So granular dieses Vorgehen auf den ersten Blick erscheint, so ähnlich ist es jedoch auch der Praxis. So sehen viele Satzungen die Zweckverwirklichung verschiedenster Zwecke vor; andererseits werden zum Teil verschiedene Katalogzwecke (oder auch Teile davon) zusammengefasst, um einem „größeren“ Ziel zu folgen.

Laut der Stiftungsdatenbank des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen sind die fünf häufigsten satzungsmäßigen Zwecke rechtsfähiger Stiftungen bürgerlichen Rechts auf dem Stand vom 01.05.2023:

- Soziale Dienste (46,1%)

- Bildung und Erziehung (33,1%)

- Kunst und Kultur (29,2%)

- Wissenschaft und Forschung (22,1%)

- Gesundheitswesen (15,3%)

Diese Zwecke mögen auf den ersten Blick recht verständlich erscheinen, jedoch ist im Einzelfall gewisse Vorsicht geboten:

Soziale Dienste

Unter dem weiten Begriff der sozialen Dienste sind Dienstleistungen zu verstehen, welche sich an benachteiligte Personen oder Personengruppen richten und die Verbesserung von deren Lebenssituation anstreben. Umfasst werden hierunter Beratungs-, Behandlungs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen. Derartige soziale Dienste können sich aus mehreren gemeinnützigen Zwecken (§ 52 AO) ergeben. Als recht divergente Beispiele dafür sind die Förderung der Jugend- und Altenhilfe gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO oder auch die Förderung der Hilfe für politisch, rassistisch oder religiös verfolgte gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 10 AO zu nennen. Ferner sind auch mildtätige Zwecke (§ 53 AO) hierunter zu verstehen.


Gesundheitswesen

Zur Förderung des Gesundheitswesens i.S.d. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO gehören alle Tätigkeiten, die der Gesundheit der Bürger dienen. Darunter ist insbesondere die Verhinderung und Bekämpfung von akuten und übertragbaren Krankheiten zu fassen. Erforderlich ist, dass sich die Hilfe nicht bloß auf einzelne, sondern auf das öffentliche Gesundheitswesen bezieht und eine übergreifende Funktion hat. Obacht, die Hilfe für den individuellen Krankheitsfall ist nicht von diesem Zweck umfasst.

Bildung und Erziehung

Bildung und Erziehung ist eine verkürzte Form der Fassung des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AO – eigentlicher Wortlaut: „Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe“. Erziehung ist eine planmäßige Tätigkeit zur umfassenden Entwicklung junger Menschen in geistiger, körperlicher und charakterlicher Hinsicht. Bildung bedeutet sowohl die Allgemeinbildung als auch die Berufliche Bildung (Ausbildung, Studium, Weiterbildung). Davon zu unterscheiden ist die auch erfasste politische Bildung auf Grundlage einer rechtsstaatlichen Demokratie, welche die politische Wahrnehmungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein fördert, ohne dabei indoktrinierend oder parteipolitisch motiviert zu sein. Politische Bildung kann indes ebenso dem Zweck der Förderung des demokratischen Staatswesens unterfallen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO).


Wissenschaft und Forschung

Abzugrenzen ist die Förderung der Bildung und Erziehung vor allem von der Förderung von Wissenschaft und Forschung. In Einzelfällen mag es Überschneidungen geben, zu beachten ist indes, dass kennzeichnend für Wissenschaft und Forschung ein streng methodisches Vorgehen zur Klärung grundsätzlicher Fragen und Vorgänge nach streng objektiven Gesichtspunkten ist. Wissenschaftliche Leistung ist aufgrund dieses methodischen Bezugs somit im Einzelfall nachprüfbar und beweisbar. Wissenschaft und Forschung muss also auf einem gewissen Niveau stattfinden um als solche nachvollzogen und anerkannt zu werden. Aus diesem Grund ist nicht schon jeder Erfinderclub unter den Zweck von Wissenschaft und Forschung zu fassen. Erforderlich ist viel mehr, dass die Forschung nach wissenschaftlichen Standards betrieben wird. Ist dies nicht der Fall dürfte es sich regelmäßig um die Förderung von Bildung und Erziehung handeln, das de facto als Auffangtatbestand fungiert


Kunst und Kultur

Zur Förderung von Kunst und Kultur (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AO) gehören Musik, Literatur, die darstellenden und bildenden Künste. Auch zählen die Förderung kultureller Einrichtungen wie Opern, Theater, Museen, Kunsthallen oder kultureller Veranstaltungen wie Konzerte oder Kunstausstellungen dazu. Erfasst wird zudem die Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten. Hierzu zählen vor allem Gegenstände von künstlerischem oder kulturellem Wert, Kunstsammlungen, Bibliotheken oder ähnliches.


Sonstiges

Abseits dieser „Top 5“ der Stiftungszwecke gibt natürlich noch andere Zwecke bei denen auf den konkreten Anwendungsbereich zu achten ist. Beispielhaft sei erwähnt, dass manche Zwecke sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur im Inland verwirklichen lassen. Das betrifft – für viele überraschend – zum Beispiel die Förderung von Naturschutz, Landschaftspflege, Umweltschutz einschließlich des Klimaschutzes (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 AO) oder auch die – bereits erwähnte – Förderung des demokratischen Staatswesens (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO).



Fazit:

Nach alledem macht es Sinn, vor Entwurf oder Änderung der Satzung mit einem Experten die avisierten Ziele und Zwecke zu besprechen, um gemeinsam auszuloten, welche Katalogzwecke aus der Abgabenordnung hierzu in die Satzung aufzunehmen sind, um einerseits den gesetzlichen Vorgaben und andererseits den Vorstellungen der handelnden Personen und der Stifter gerecht zu werden.

 


Stephanie Reuter

Elmar Krüsmann

Rechtsanwalt

Kanzlei WINHELLER

Tags:

Comments


bottom of page