Mehr als 358 Millionen Euro Geldspenden wurden für die Hochwasser-Opfer gespendet, so verkündet es das DZI (Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen) in seiner Presseerklärung in der letzten Woche. Mit diesem Zwischenstand wurden die Spendensumme für das Elbehochwasser 2002 mit 350 Mio. Euro übertroffen. Nur der Tsunami in Südostasien Weihnachten 2004 hat mit 670 Mio. Euro eine höhere Spendensumme gebracht.
Wie in jeder Katastrophe sind für die Spendenden die erschütternden Berichte und Bilder ein wesentlicher Impuls, um sich zu engagieren. Doch auch die Katastrophe im eigenen Land hat viele Menschen aufgerüttelt. Viele tausende ehrenamtliche Helferinnen und Helfer haben mit angepackt und die Einsatzkräfte und betroffenen Menschen tatkräftig unterstützt.
Von derzeit über 358 Mio. Euro an Spenden hat Aktion Deutschland hilft die Hälfte erhalten
Die Hälfte der Spenden, 172 Mio. Euro, hat das Bündnis Aktion Deutschland Hilft e.V. erhalten, das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe liegt mit 74,9 Mio. Euro auf dem zweiten Platz deutlich vor dem Roten Kreuz mit 20 Mio. Euro.
In unserem Podcast sprechen wir mit Anja Trögner von ADH (Aktion Deutschland Hilft e.V. Anja Trögner leitet den Bereich Marketing und Fundraising und berichtet aus dem Aktionsbüro, wie bei ADH die Geschäftsstelle bezeichnet wird.
Das Team im Aktionsbüro arbeitet schon sehr lang zusammen. Diese Zusammenarbeit ist wichtig, um schnell und effektiv reagieren zu können.
„Unser Team hat eine feste Routine, um im Notfall agieren zu können. Das ist wichtig, um schnell den Bedarf abdecken zu können.“
Innerhalb kürzester Zeit ist das Aktionsbüro einsetzbereit. Die ersten Tagen in der Katastrophenhilfe sind die wichtigsten. Nicht nur beim Einsatz für die Opfer sondern auch im Fundraising.
„Es muss alles schnell gehen. In der Nothilfe bekommen wir in den ersten zwei Wochen 80 % der Spenden.“
Anja Trögner berichtet von Ihren Erfahrungen im Fundraising und hat dabei einen besonderen Blick auf die Spenden in der Katastrophenhilfe. Sie gibt auch einen Einblick in die Zusammenarbeit der mehr als 20 Organisationen, die sich in dem Bündnis ADH zusammengetan haben.
Das dritte Jahrhunderthochwasser nach den Elbefluten 2002 und 2013 hat im Juli 2021 ganze Landstriche, Dörfer und vor allem Existenzen zerstört. Mit 179 Toten hat diese Flutkatastrophe deutlich mehr Menschenleben gefordert als im Jahr 2002. Es sind erschütternde Bilder von zerstörten Häusern, Berichte über zerstörte Existenzen und eindrucksvolle Geschichten von persönlichen Schicksalen. Andreas Schiemenz, der als Mitarbeiter der Johanniter-Unfall-Hilfe 2002 die Auswirkung des Elbehochwassers miterlebt hat, kann sich an die körperlichen und seelischen Belastungen der HelferInnen lebhaft erinnern:
„Menschen, die selbst von der Hochwasserkatastrophe betroffen sind, setzen sich als Mitarbeitende der Hilfsorganisationen Tag und Nacht ein. Ohne selbst zu wissen, wie es ihren Angehörigen und Freunden geht.“
Die Spendenbereitschaft bei Katastrophen im Inland ist hoch. So wurden laut dem DZI im Jahr 2002 etwa 350 Millionen Euro und im Jahr 2013 knapp 160 Millionen Euro gespendet. Diese Spenden waren notwendig, da die staatlichen Mittel nicht ausreichten. Auch die Flutkatastrophe 2021 hat eine riesige Welle der Hilfsbereitschaft und Spendenbereitschaft ausgelöst. Allein die ARD-Spendenaktion für hat für das Bündnis Aktion Deutschland Hilft über 57 Millionen Euro erbracht. Auch die SAT 1-Spendengala „Deutschland hilft“ hat über 31 Millionen Euro für die Hochwasseropfer gesammelt. Wie viel insgesamt für die Hochwasseropfer gespendet werden, kann man noch nicht absehen werden, doch eine Prognose ist klar:
Es wird deutlich mehr Spenden geben als in der Hochwasserkatastrophe 2013. Fundraisingexpert*innen vermuten sogar, dass die 350 Millionen Euro aus 2002 in diesem Jahr übertroffen werden.
Diese hohe Spendenbereitschaft liegt eindeutig an der regionalen Nähedieser Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Der Impuls, den Menschen in der Nachbarschaft zu helfen, ist tief in der Motivlage der Gebenden verankert. Und im Moment ist die Not im eigenen Land deutlich zu sehen und den Menschen in der Tat am nächsten. Das dürfte auch der Grund sein, warum diese Katastrophe im Inland für eine deutlich höhere Spendenbereitschaft führt, als es vergleichbare oder sogar noch schlimmereKatastrophen im Ausland tun.
Viele der im Einsatz befindlichen Hilfs- und Rettungsdienstorganisationenin Deutschland können durch diese großartige Spendenbereitschaft in zusätzliche Ausstattung und Fortbildung, für Technik und Knowhowinvestieren. Geld, das dringend nötig sind, denn im Bereich desinnerdeutschen Katastrophenschutzes wurden kontinuierlich die Mittel gekürzt.
Auch zeigt sich, neben den Geldspenden, eine enorme Hilfsbereitschaft. Aus dem ganzen Bundesgebiet sind ehrenamtliche Helferinnen und Helferangereist und packen mit an. Ein großer Teil dieser helfenden Hände kommt von den Ehrenamtlichen der Hilfsorganisationen. Aber ein anderer Teil basiert auf der persönlichen Eigeninitiative von Menschen, die sich in ihr Auto gesetzt haben und vor Ort einfach mit angepackt haben.
Diese Eigeninitative ist eine große Chance für die Katastrophenhilfe in unserem Land. Denn sie zeigt, wie viele Menschen bereit sind, sich zu engagieren. Diese Bereitschaft sollte in Zukunft koordiniert werden, die Hilfsorganisationen arbeiten bereits an Konzepten, wie „Privathelfende“ in die Katastrophenhilfe sinnvoll und effektiv eingesetzt werden können.Aber auch die Spendenbereitschaft in Deutschland kann durch diese Hochwasserkatastrophe wieder belebt werden. Denn derzeit haben wir eine Stagnation im bundesdeutschen Spendenmarkt. Das Hochwasser im Juli 2021 hat gezeigt, wie sich eine Flut, wie sich die Naturgewalten, auf die Menschen und ihre wirtschaftliche Existenz auswirkt.
Eine solche Katastrophe in einem der reichsten Länder der Welt gibt uns einen bitteren Geschmack auf das Elend in den Regionen, in denen Menschen auch ohne Katastrophen in extremer Existenzangst leben.
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