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Karin Heinzl im Gespräch mit Dr. Anna Punke-Dresen

Portraits über Menschen im gemeinnützigen Bereich findet man auch an anderer Stelle. Wir erinnern uns zum Beispiel an die „Köpfe“ in der Stiftungsbeilage der Wochenzeitung DIE ZEIT. Mit dieser Rubrik „Mensch des Monats“ möchten wir Menschen hinter einer Führungsposition besser kennenlernen. Dafür hat Dr. Anna Punke-Dresen diese Rubrik ins Leben gerufen.


Anna Punke-Dresen ist selbst seit über 15 Jahren in diversen Funktionen und Kontexten sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich im gemeinnützigen Sektor unterwegs - unter anderem als stellvertretende Leiterin des Kreises Junge Menschen und Stiftungen, Community Lead für MentorMe, Vorständin von Hamburger mit Herz e.V. und aktuell als Leitung Fundraising der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch.


Schreiben und gemeinnütziges Engagement sind die beiden Pfeiler, die ihren Werdegang prägen.

Mit dieser monatlichen Rubrik möchte sie einige spannende Personen aus ihrem Netzwerk in persönlichen Gesprächen fragen, wie und warum sie sich selbst im gemeinnützigen Bereich engagieren. Welche Ehrenämter werden zusätzlich zum Hauptamt gepflegt? Was treibt sie dazu an? Was bedeutet Engagement für sie und welche Learnings und Botschaften bringt das für sie mit?

 
Karin Heinzl

Karin Heinzl – CEO MentorMe und MeCademy, inzwischen Deutschlands größtes berufliches Mentoringprogramm für Frauen






 

Liebe Karin, ich möchte in dieser Rubrik jedem*r Interviewpartner*in die gleiche Einstiegsfrage stellen: Wann und wo hast Du Dich zum allerersten Mal ehrenamtlich engagiert? Wie kamst Du dazu und was war Deine Motivation dahinter?


Das allererste Mal habe ich mich in Indien ehrenamtlich engagiert. Ich habe Ende 2014 meinen Job als International Officer und Referentin im Bereich Kommunikation bei den Deutschen Liberalen verloren, als die Partei aus dem Bundestag gewählt wurde. Das war in dem Moment zwar schmerzhaft, aber eigentlich wollte ich bereits aus der Politik aussteigen. Deshalb habe ich diesen „decisive moment“ genutzt und bin im Januar des Jahres 2015 für vier Monate nach Indien gegangen, um wahrlich für und mit Menschen zu arbeiten. Und so landete ich bei der NGO „Light of Light Trust“ im Landesinneren des indischen Bundesstaates Maharashtra, wo ich Trainings für die Sozialarbeiter hielt, diese in Fundraising, Teambuilding und Leadership Skills schulte. Diese Zeit hat mich maßgeblich geprägt und den Verlauf meines Lebens verändert.


Von welchen Netzwerken profitierst Du heute noch? Und was waren und sind die wichtigsten Learnings?


Ich bin ja erst spät und nach meinem 30. Lebensjahr zum Ehrenamt gekommen, habe dann aber vor sechs Jahren mein eigenes gemeinnütziges Unternehmen, das auf Ehrenamt setzt, gegründet: MentorMe, ein berufliches Mentoringprogramm für Frauen (als Mentees) und Männern und Frauen (als ehrenamtliche Mentor*innen). Deshalb muss oder kann ich sagen, ein starkes Netzwerk, von dem ich profitiere, habe ich selbst gegründet ;-)


Was waren die Beweggründe dafür? Was war Deine Vision?


Meine Beweggründe waren, dass ich einen positiven Impact bei Menschen erzeugen wollte und dass ich selbstbestimmt und unabhängig etwas (er)schaffen wollte. Ich dachte mir damals:


„Das, was dir schon so oft gefehlt hat, sind Mentor*innen, die dich dabei unterstützen, den Weg durch den Berufsdschungel erfolgreich zu gehen. Vielleicht geht es anderen Frauen auch so?“

Und so war es dann auch meine Vision, Frauen einen niedrigschwelligen Zugang zu berufserfahrenen Mentor*innen, einer unterstützenden und vielfältigen Community sowie interessanten Arbeitgebern, Events und Trainings zu ermöglichen.


Was bedeutet Mentoring für Dich? Wie hast Du vor zehn Jahren darauf geschaut und was hat sich inzwischen verändert?


Mentoring ist für mich der Transfer von Wissen, Motivation und Empfehlungen von einer erfahrenen Person zu einer Person, die in dem Bereich weniger Erfahrung hat, dieses aber sucht, um sich effizienter und effektiver weiterentwickeln zu können.


Inzwischen gibt es auch die MeCademy, ein Bewerbungscoaching für arbeitssuchende Akademikerinnen. Was wünschst Du Dir noch für weitere Veränderungsprozesse für die Arbeitswelt für Frauen? Was muss aus Deiner Sicht noch dringend verändert werden, auch hinsichtlich Vergleiche zu anderen Ländern, die Du ja hast?


Veränderungsprozesse im Sinne von “längst überfällige Anpassungen“ müssen im Bereich Equal Pay und Equal Opportunities angestoßen werden. Das inkludiert viele Aspekte wie z.B. gendergerechte Jobausschreibungen, gleicher Lohn für gleiche Positionen, einheitliche Gehaltserhöhungen bei gleicher Leistung, humaner und wertschätzender Umgang mit Schwangerschaft, Mutterschutz und Elternzeit, nicht nur Akzeptant sondern Förderung von Vätern für das Nehmen von Elternzeit, Teilzeit und remote Modelle für Mütter bei Wiedereinstieg nach der Elternzeit.


"Es braucht Förderinstrumente (wie z.B. Mentoring) für Frauen, damit sie auf Führungspositionen Lust bekommen (denn sie können es!) und vieles mehr."

Ich muss gestehen, die Vergleiche die ich mit anderen Ländern habe, nämlich die USA, Indien und Brasilien, sind nicht unbedingt besser; in den USA nehmen viele Frauen oftmals nur wenige Wochen „Maternity Leave“ und in Indien und Brasilien bleiben tendenziell die Frauen zu Hause, um die Care Arbeit für Babys und Kleinkinder zu stemmen. Ich glaube aber, dass diese Länder kinderfreundlicher sind als Deutschland. Und so können dann auch Arbeitgeber in Deutschland vor allem Müttern und Vätern im Arbeitskontext mehr entgegenkommen.


Wie ist Dein Blick in diesem Kontext auf den gemeinnützigen Bereich? Welche Rolle spielt Coaching und Mentoring in NGOs und was könnte da noch besser laufen?


Im gemeinnützigen Sektor wird sowohl Mentoring als auch Coaching zu wenig eingesetzt, da der Bereich weniger erwirtschaftet und somit auch weniger in Personalentwicklung investiert. Das ist schade, denn gute Leute gehen oftmals früher oder später in die Wirtschaft, wo sie besser verdienen. Deshalb muss der gemeinnützige Sektor versuchen, Talente zu halten und Weiterentwicklungsangebote zu schaffen. Denn der Hebel, den der Impact Sektor gegenüber der Wirtschaft hat, ist, dass dessen Arbeit „Sinn“ macht, weil sie eine soziale und nachhaltige Wirkung erzielt. Wenn dann Weiterentwicklungstools angeboten werden, gibt man den Menschen das, was sie primär brauchen, um beruflich erfüllt zu sein: Sinnstiftung und Raum für Weiterentwicklung. Ich kann aber auch von tollen gemeinnützigen Unternehmen und NGOs berichten, die Kooperationspartner von MentorMe sind und ihre Angestellten und/oder externe benachteilige Frauen durch die Übernahme von MentorMe-Mitgliedschaften fördern. Erwähnen möchte ich hier Teach First, Aktion Mensch, das Deutsche Rote Kreuz oder den Stifterverband.

 

Und zum Schluss – 2 Fragen in je einem Satz:


Wenn Du einen Wunsch für den gemeinnützigen Sektor frei hättest, welcher wäre das?

Dass wir uns stärker dafür einsetzen, dass der gemeinnützige Sektor – weil er „Gutes“ tut – der sein sollte, der mehr Geld verdient.


Was möchtest Du unseren Leser*innen mit auf den Weg geben? Was ist dein Credo?

Aim to arrive at the end of your life covered in scars, laughing and thinking: What a ride!

 
Karin Heinzl

Karin Heinzl

Gründerin & CEO

MentorMe und MeCademy

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